Wie heisst es so schön: Totgeglaubte leben länger oder auch wer zuletzt lacht lacht am besten.

Die ZSC Lions wurden in der Saison 2011 / 2012 lange Zeit belächelt. Die Leistungen auf dem Eisfeld waren aber für das Kader des ZSC auch lächerlich. Vom Kader her müsste der ZSC eigentlich jede Saison als Meisterkandidat gelten aber nach den letzten verkorksten Saisons war dies dieses Jahr nicht mehr der Fall. Schon gar nicht nach Abschluss einer sehr durchzogenen Quali.

Diese Saison war jedoch ein Detail anders: Auf dem Trainerposten stand Bob Hartley, ein Trainer der bereits den Stanley Cup gewann und für den nur 110% Disziplin und Einsatz gut genug waren. Dies spürten einige Spieler während der Quali. Ganz unscheinbar wurde der ZSC gegen Ende Quali immer ein wenig stärker, Schlüsselspiele wurden jeweils gewonnen und die Playoff Qualifikation schlussendlich doch noch problemlos geschafft.

Als erste Hürde wurde dann der HCD im Playoff Viertelfinal mit einem 4:0 in der Serie weggewischt. Die Presse sprach dann vorallem von einem müden und schwachen HCD, nicht aber von einem starken ZSC.

Im Halbfinal wartete dann der EV Zug, also diese Mannschaft welche die Qualifikation gewonnen hatte. Nun, dachten viele, würde gegen den ZSC ein anderer Wind wehen. Aber auch der EVZ fand in keiner Weise ein Rezept gegen die überragende ZSC Defensive. Die beste Offensive der Liga wurde also neutralisiert und die Zuger Defensive zeitweise blossgestellt. Das Verdikt am Ende der Serie war ein erneutes 4:0.

Playoff Final 2012: SC Bern vs. ZSC Lions – Ein Eishockeyklassiker

Im Final trafen die ZSC Lions dann auf den starken SC Bern, ein Team dem trotz enorm starkem Kader ebenso wenig zugetraut wurde wie den ZSC Lions, aber eben doch ein wenig mehr. Der Gang in den Final bestritten die Berner ähnlich souverän wie die Lions.

Nun waren also zwei kritisierte und niedergemachte Teams im Final und plötzlich sprach die Hockeywelt vom grössten Final den die Schweizer Hockeywelt je gesehen hat. Wirtschaftsstadt Zürich gegen Hauptstadt Bern. In den grössten Schweizer Arenen duellierten sich diese zwei Teams, die aufgrund ihres Kaders dort hin gehören, auf die aber vor der Saison niemand gewettet hätte.

Vieles deutete auf eine lange und ausgeglichene Serie hin. Vielerorts hiess es, diese Serie werde über sieben Spiele gehen. Nun sollten die emsigen Eishockey Journalisten und Polemiker für einmal Recht behalten. Bern gewinnt sein erstes Heimspiel zu Hause standesgemäss mit 4:2, der ZSC nach hartem Kampf sein erstes Heimpspiel mit 2:1. Danach aber folgten für Bern zwei zu Null Siege, zuerst vor heimischem Publikum ein 3:0 und dann auswärts noch ein 2:0, die Lions waren in diesen Spielen einfach zu passiv und die Berner hatten vielleicht auch einfach das Glück, jeweils in allen 4 Partien das erste Tor geschossen zu haben.

Dann spielte der SC Bern in Spiel 5 zum ersten Mal vor heimischem Publikum um die Meisterschaft, denn er brauchte nur noch einen Sieg. Wieder war der SCB optisch leicht überlegen, Chancen waren aber auf beiden Seiten Mangelware. Dann die Premiere: Der ZSC geht zum ersten Mal in dieser Serie mit 1:0 in Führung. Der SCB konnte aber promt reagieren, so glaubte immer noch nur der ZSC und sein Anhang an das Wunder. 5 Minuten vor Ende der Partie legte der ZSC dann los wie die Feuerwehr, hatte Chance um Chance und war dem Sieg ein erstes Mal näher. Wo war denn der SCB so kurz vor dem Titel plötzlich? Man weiss es nicht… es ging in die Verlängerung, ein offener Schlagabtausch mit Vorteilen für den ZSC. Und dann das, woran niemand mehr geglaubt hat – ein Weitschuss findet den Weg an Bührer vorbei ins Berner Tor. Das Tor nicht zwingend, ein ultimativer Goalie Lapsus im dümmsten Moment. Bührer war von da an kein Gott mehr sondern plötzlich wieder sterblich.

Spiel 6 in Zürich war für den SCB dann die Gelegenheit den Sack auswärts endlich zuzumachen. Das erste Drittel verlief wie gewohnt, Eishockey Schach auf höchstem Niveau. Dann aber das unfassbare aus Berner Sicht im Mitteldrittel: Der SCB wurde innert 150 Sekunden demontiert und fand sich mit einem 0:3 Rückstand wieder. Dieser Rückstand und die Tatsache, dass der SCB nicht an die Leistungen der vorherigen Spiele herankam, führte zu einem 6:3 Schlussresultat für den ZSC und somit einem siebten und entscheidenden Spiel.

Es war das Spiel von dem jeder neutrale Zuschauer geträumt hat, das Spiel das viele erwartet haben bei dieser Ausgeglichenheit und trotzdem das Spiel das eine kurze Zeit lang in weite Ferne gerückt war, als der SCB in der Serie plötzlich mit 3:1 führte. Nun hatte der SCB also noch einmal die Chance vor heimischem Publikum alles klar zu machen und den Titel zu Hause zu feiern. Aber auch der ZSC, im Verlaufe der Serie wieder einmal totgesagt, war plötzlich Nahe an der Meisterschaft.

Spiel 7 begann, der SCB spielte munter drauf los, jeder SCB Fan im Stadion musste wohl glauben, doch, heute kommt’s gut. Jedoch traf der SCB das Tor nicht und wir machen wieder eine Premiere aus: Just in Spiel 7 gelang es dem ZSC erstmals in der Finalserie nicht nur das 1:0 zu schiessen, sondern auch schon im ersten Drittel zu scoren. Die Postfinance Arena war im Schockzustand – Pause. Zweites Drittel, Tor SCB 1:1. Die Hockeywelt im imposanten Berner Eishockeytempel war wieder in Ordnung, zumal das Spiel so weiter lief wie in Drittel 1, der SCB agierte, der ZSC war passiv.

Dann kommt es zu Drittel Nummer drei in Spiel sieben der Playoff Finalausgabe 2012. Plötzlich kommt der SCB nicht mehr wirklich zu guten Chancen, der ZSC spielt langsam besser aber auch dem ZSC gelingt es nicht gute Torchancen zu erarbeiten. Auf beiden Seiten gilt 100% Disziplin, kein Tor kassieren. Dann, 5 Minuten vor Ende der Partie – fast jeder Zuschauer rechnete schon mit einer Verlängerung – startete Bob Hartley mit seinem Team ein offensives Feuerwerk, er reduzierte auf zwei Linien, diese stürmten unentwegt Richtung Berner Tor. Bern war geschockt, wusste nicht zu reagieren, ein Timeout von Berner Seite erfolgte nicht, Bern schien es aber über die Zeit zu schaffen, die Zeit verstrich… noch 30 Sekunden, noch 5 Sekunden, ein Gestocher, der Puck findet zu Steve McCarthy, der schiesst 2.5 Sekunden vor Schluss, Toooooor! Grenzenloser Jubel auf Zürcher Seite. Doch erst ist noch Geduld angebracht, ein heikles Tor, viel Verkehr vor Bührer, der Schiri muss sich erst das Video ansehen. Nun kommt die Entscheidung, Kurmann zurück auf dem Eis, das Signal klar: TOR! Entsetzen in Bern, die Mutter aller Niederlagen ist eingetroffen. Grenzenloser Jubel beim ZSC, seinen mitgereisten Fans und all jenen ZSC Fans vor den Bildschirmen und beim Public Viewing in Oerlikon.

Was für ein Sieg, Erinnerungen an die Dramen früherer Titel werden wach.

PS: Mein persönlicher Jubel war still und innerlich, ich erwischte keine Tickets für den ZSC Sektor, gelangte aber durch Berner Freunde an ein Finalticket und hielt mich so inmitten der Berner Wand auf. Zum Glück fand dort am Schluss eine Trauer- und keine Meisterfeier statt, ich hätte mich ansonsten in dieser Gegend sehr unwohl gefühlt, die Schmach wäre riesig gewesen. Aber meine Nase hat richtig gefühlt und ohne dieses Gefühl hätte ich mich nicht in diesen Sektor getraut. Pessimistisch war ich nur zweimal: Vor dem ersten Viertelfinalspiel und nach dem vierten Finalspiel.

MIR SIND ZÜRI